Neues Bauen in den Alpen
1992 wurden erstmals zeitgenössische Gebäude im Alpenraum mit dem Architekturpreis «Neues Bauen in den Alpen» ausgezeichnet. Der vom Verkehrsverein in Sexten, einem kleinen Fremdenverkehrsort in den Südtiroler Dolomiten, gestiftete Preis dient der Würdigung und Reflexion herausragender Bauten, die durch einen sensiblen Umgang mit Natur und Tradition auffallen. Ermutigt durch den Erfolg dieser richtungsweisenden Initiative und der sich daran anschliessenden Wanderausstellung mit Publikation wurden 1995 erneut verschiedene Bauten von einer internationalen Jury ausgezeichnet. Das Architekturmuseum Basel stellte die elf prämierten Gebäude in zahlreichen Photos und Zeichnungen vor. Folgende Architekturbüros waren vertreten: Valentin Bearth/ Andrea Deplazes (Chur), Marianne Burkhalter/Christian Sumi (Zürich), Conradin Clavuot (Chur), Norbert Fritz (Innsbruck), Annette Gigon/Mike Guyer (Zürich), Hermann Kaufmann (Schwarzach), Peter Märkli (Zürich), Marco Tomasi (Bergamo), Much Untertrifaller jun. und sen. mit Helmut Dietrich und Gerhard Hörburger (Bregenz), Peter Zumthor (Haldenstein). Die ausgezeichneten Bauten, die in den frühen neunziger Jahren entstanden, erstrecken sich in der Schweiz, Österreich und Italien über den ganzen Alpenraum.
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Gefährdung der Alpenregion durch Belastungen, die der extensive Fremdenverkehr mit sich bringt, zeigen die prämierten Gebäude einen subtilen Umgang mit der Natur und regionalen Bautraditionen. Beispielhaft führen sie vor, dass ein modernes architektonisches Formenvokabular auf der einen und Bedürfnisse nach Tradition, Geschichte und regionalen Besonderheiten auf der anderen Seite keine unvereinbaren Gegensätze sind. Ganz im Gegenteil: Gebäude wie das Haus Truog «Gugalun» im Safiental (Peter Zumthor), das Schulhaus und die Mehrzweckhalle in Tschlin (Valentin Bearth/Andrea Deplazes) oder etwa der Forstwerkhof Balmholz im Turbenthal (Marianne Burkhalter/Christian Sumi) sind überzeugende Beispiele für Positionen im Spannungsfeld zwischen Alt und Neu, Tradition und Fortschritt, Architektur und Natur.
Zur ersten Station der Wanderausstellung in Sexten erschien ein Katalog, herausgegeben von Christoph Mayr Fingerle (Birkhäuser Verlag, Basel). Er enthält neben zahlreichen Schwarz/Weiss- und Farbphotos Beschreibungen der ausgezeichneten Bauten sowie einen umfangreichen Textbeitrag von Bruno Reichlin, der historische Positionen der Moderne in den Bergen untersucht.
Bildbeschreibung: Bruno Reichlin spricht an der Vernissage