PANCHO GUEDES, EIN ALTERNATIVER MODERNIST
Ein Vierteljahrhundert ist verstrichen, seit Pancho Guedes in der Architectural Association in London präsentiert wurde. Heute würdigt das Schweizerische Architekturmuseum S AM Pancho Guedes erneut mit einer umfassenden Ausstellung, die als erste kritische und kuratorische Auseinandersetzung mit dem exzentrischen Œuvre gelten darf, das dieser Architekt in den 1950er und 60er Jahren in Afrika realisierte.
Parallel zur grossen Le-Corbusier-Retrospektive im nahe gelegenen Vitra Design Museum wird den Besuchern hier das Porträt eines Architekten vermittelt, dessen architektonische Vorstellungskraft – wie bei Le Corbusier – von einer innigen Beziehung zur bildenden Kunst beflügelt wurde.
Der legendäre Architekt aus Moçambique – der in der absoluten Top-Architektenszene der frühen 60er Jahre höchstes Ansehen genoss – ermöglicht uns heute die historische Reflexion einer alternativen Moderne, die der Rationalität des Internationalen Stils erstmals eine wirklich multikulturelle Vision entgegenhielt. Anders als in den meisten Kolonialarchitekturen, sind die lokalen Referenzen in Pancho Guedes’ Werk gerechtfertigt, da er sich aktiv mit lokalen kulturellen Kontexten und Bezügen auseinandersetzte und dennoch einzigartige und ansprechende architektonische Bilder und Formen schuf.
Pancho Guedes ist einer der ersten Architekten, der gegen die Dominanz des einen und einzig richtigen modernen Stils antritt, indem er spielerisch eine Vielfalt von Stilen einführt, die unterschiedlichen kulturellen Umfeldern, verschiedenen Kundentypen, ja selbst widrigsten wirtschaftlichen Bedingungen entsprechen können. Als Liebhaber und Sammler afrikanischer Kunst- und Kulturobjekte war er auch ein Pionier im experimentellen Umgang mit interkulturellen und symbolischen Anspielungen, ohne dabei je die kreative und logische Stossrichtung des modernen Architekten zu verfehlen.
Die Ausstellung entstand in enger Zusammenarbeit mit dem heute 82-jährigen Architekten und durfte aus seinen umfangreichen unveröffentlichten Archivbeständen schöpfen. Sie möchte den Besuchern das Schaffen von Pancho Guedes aus fünf verschiedenen Perspektiven näherbringen: angefangen von der Entwicklung einiger besonders eigenwilliger organischer Stile – eigentlichen Gegenentwürfen zur Pop-Architektur der 60er Jahre – über seine Beiträge zur Idee und Realisierung der modernen Stadt, bis hin zu seinen Experimenten mit knappen Ressourcen, der so genannten Buscharchitektur.