Le regard sur le lieu. Arbeiten des Lehrstuhls Arduino Cantafora, EPF Lausanne
Es gehört zu den Konstanten der Aktivitäten des Architekturmuseums, Ausbildungssituationen im Bereich der Architektur in der Schweiz und im Ausland vorzustellen. Vor Jahren waren Gilles Barbey und Roger Diener mit ihrem Kurs «Fenetres habitees» (1989) von der EPF Lausanne zu Gast, dann folgte mit «Ort und Platz» (1991) Hans Holleins Unterricht an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Nachdem im letzten Jahr die Ingenieurschule beider Basel in Muttenz ihren Unterricht präsentierte, hatten wir nun einen weiteren Lehrstuhl der Ecole polytechnique federale in Lausanne eingeladen, Studentenarbeiten zu zeigen. Der italienische Architekt Arduino Cantafora unterrichtet dort seit sechs Jahren das Fach «expressions visuelles», was im weitesten Sinne Darstellungstechnik bedeutet. Cantafora lässt Studentinnen und Studenten mit traditionellen Werkzeugen wie Pinsel und Farbe Bilder malen. Die äusseren Bedingungen sind restriktiv und für alle gleich: Format 100 x 100 cm, der Bildträger eine Sperrholzplatte, grundiert, Griffel, Lineal, drei Pinsel und wenige Farben. Die ausgewählten Themen sind alltäglich: Schulhäuser, Plätze oder Wohnungsbau aus vertrauter Umgebung. Die Ausschnitte aus den Fassaden im Massstab 1 : 5 müssen so gewählt sein, dass aus dem Detail die ganze Situation zu erahnen ist.
Cantafora spart in seinem Unterricht aus, was heute selbstverständlich erscheint: die Arbeit am Computer. Warum dieses scheinbar altmodische Verhalten? Im Grunde zeigt sich da kein konservatives Beharren auf verlorenem Posten, sondern ein Versuch, die Augen der lernenden zu öffnen, ihre Sinne zu sensibilisieren für die Farbigkeit, die Materialität der Oberflächen, die Qualitäten des Lichts, den Charakter der Steine, des Putzes, des Holzes oder des Metalls. Darüber hinaus sind die handwerklichen Fähigkeiten gefragt, diese primären Eindrücke des Gebauten im Bild umzusetzen.
Die Arbeiten der lernenden wurden in langen Reihen vorgestellt. Es ging nicht um die mehr oder weniger grosse Perfektion der einzelnen Tafel, sondern um den Prozess des Schauens und des Umsetzens dieser Erfahrung in ein zweidimensionales Objekt. Um jeden künstlerischen Anspruch zu umgehen, wurden die Tafeln nicht signiert. Sie sind Schritte auf einem Weg der Umwandlung visueller Erfahrung, nicht selbstgenügsame Artefakte.
Bildbeschreibung: Arduino Cantafora