Carlo Mollino baut in den Bergen
Der Turiner Architekt Carlo Mollino (1905-1973) gehört zu den schillerndsten Figuren der italienischen Nachkriegszeit. Nachdem er 1931 an der Höheren Architekturschule seiner Heimatstadt promoviert hatte, war es ihm dank seines väterlichen Erbes möglich, sich in tausend Aktivitäten zu verlieren: Flug-Akrobatik, Fotografie, Skisport, Literatur, Automobil- und Möbel-Design. Als Architekt profilierte er sich erstmals mit seinem Reitclub in Turin (1937-1940), nach dem Krieg vor allem mit seiner Wiederherstellung des "Teatro Regio" im historischen Zentrum der Stadt (1965-1970).
Nachdem Mollinos in den letzten zwei Jahren sowohl in Turin als auch im Pariser Centre Pompidou in umfangreichen Retrospektiven gedacht wurde, konzentrierte sich das Basler Architekturmuseum zusammen mit der Architekturabteilung der Universität Genf auf einen Aspekt im architektonischen Werk Mollinos: das Bauen in den Bergen. Hier hat er Aussergewöhnliches geleistet und vorbildliche Methoden entwickelt. Seiner alpinen Architektur liegen geradezu ethnologische Studien des Berglebens im Aosta-Tal, der einfachen Holzhäuser, der bäuerlichen Geräte und Gebrauchsgegenstände zugrunde. Mollino verwertete solche Erfahrungen, etwa in seiner Skiliftstation der Lago Nero, wo di ' Wände aus Lärchenholztafeln - im Sinne des "plan libre" - in die Betonstützen-Struktur gestellt sind. Aehnliches gilt für das Haus Garelli in Champoluc, nur dass hier das Material eines traditionellen Holzhauses des Tal d'Ayes eingesetzt worden ist.
In seinen Entwürfen lässt sich Mollino auch inspirieren von der herrlichen Berglandschaft, von extremen klimatischen Verhältnissen, schwer zugänglichen Situationen. Mit kühnen Konstruktionen an überhängenden Felsen, Häusern wie Brücken, aufgehängten Sonnenterrassen geht Mollino an die Grenze der Ingenieurkunst.
Als aussergewöhnlicher Zeichner hat Mollino seine extravaganten Ideen auch grafisch umgesetzt und theoretisch untermauert, traditionelle Konstruktion, eingeborenes Handwerk und Sprache der Moderne dialektisch untersucht.
Zur Ausstellung in Basel erschien eine Sondernummer der in Genf herausgegebenen Architektur- Zeitschrift "Faces" (März 1991). Für die anschliessende Ausstellung in Wien vom 3.Dezember 199 1 bis 15.Januar 1992 wurde eine Mappe veröffentlicht, die die Ausstellung und damit Mollinos bauen in den Bergen eingehend dokumentiert.
Bildbeschreibung: Jürg Zulauf